Rentable Kapitalanlage oder riskantes Zinsdifferenzgeschäft?

Veröffentlicht am 22.06.2015 in Gemeinderatsfraktion
 
Klaus Rothenhöfer 200px

Einige Überlegungen zur Gründung einer Stromnetzgesellschaft.

Man kann zu Recht fragen, ob sich eine Stadt wie Wiesloch, die hinsichtlich ihrer Verschuldung an der Spitze der Städte ihrer Größenordnung in Baden-Württemberg liegt, überhaupt Gedanken über Kapitalanlagen machen muss. Genau darum geht es aber in der Gemeinderatssitzung am 24. Juni

 

Hinter dem harmlos klingenden Punkt 1 der Tagesordnung "Beteiligung der Stadt Wiesloch am Stromnetz" verbirgt sich ein kompliziertes Vertragskonstrukt mit insgesamt sechs Einzelverträgen. Im Ergebnis läuft es darauf hinaus, dass u.a. eine neue Gesellschaft gegründet wird, die durch Kauf von der Netze BW "Eigentümerin des Stromverteilernetzes im Konzessionsgebiet der Stadt (einschließlich der Ortsteile Altwiesloch, Baiertal, Frauenweiler und Schatthausen)" werden und dieses an die Netze BW zurück verpachten soll. Es handelt sich also um keine unternehmerische Beteiligung sondern um eine reine Finanzanlage. Gehalten werden soll die Beteiligung von dem Eigenbetrieb Stadtwerke Wiesloch, dessen Gegenstand deswegen um "das Halten und Verwalten von Beteiligungen an Gesellschaften des Privatrechts im öffentlichen Interesse der Stadt Wiesloch, insbesondere an Versorgungsunternehmen" erweitert wird.


Die insgesamt erforderliche Summe von ca. 1,4 Millionen Euro müssen bei der Finanzlage der Stadt vollständig als neue Kredite aufgenommen werden. Die Idee dahinter ist, dass die zu erwartenden Pachtzahlungen, die die neue Gesellschaft für die Überlassung des Stromnetzes an die Netze BW erhält, deutlich höher sind, als die Finanzierungszinsen für die aufzunehmenden 1,4 Millionen Euro. Über die Ausschüttungen der neuen Gesellschaft an ihre Eigentümer EnBW Kommunale Beteiligungen GmbH und Stadtwerke Wiesloch würden diese von der Konstruktion profitieren. Die Stadtwerke Wiesloch könnten mit den Gewinnen aus dieser Beteiligung Verluste aus anderen Bereichen, Fernwärme, Schwimmbad, Parkhäuser... ausgleichen.


Soweit die Theorie. In der Praxis gehört es zu den Grundlagen jeder Geldanlage, dass es Rendite ohne Risiko nicht gibt und je höher die Rendite, desto höher das Risiko. Eine wirkliche "worst-case-Abschätzung" liegt nicht vor, aber die Erfahrung zahlreicher anderer Städte, die mit dem Verkauf und anschließender Rückvermietung ihrer Gebäude, Kanäle, Kläranlagen oder Straßenbahnen meinten, große Gewinne zugunsten der Stadtkasse zu machen, oder auf dubiose Fianazanlagen hereingefallen sind, aus denen sie sich heute zu befreien suchen, indem sie wegen mangelhafter Beratung klagen.


Es geht in der Entscheidung am Mittwoch tatsächlich um eine reine Finanzanlage, allenfalls ganz langfristig um den Beginn unternehmerischer Aktivität auf dem Sektor Stromversorgung, auch wenn einzelne Gemeinderäte das gerne anders darstellen, um dem Ganzen den ökologischen Segen zu geben. Wieslochs Stromkunden werden von all dem weder in ihrer Stromrechnung noch bei ihrem Versorger irgendetwas merken.


In dem vorbereitenden Lenkungskreis wurde sehr gründlich beraten und standen sachkundige Berater zur Verfügung. Trotzdem bleibt die grundsätzliche Frage, muss sich in der gegebenen Situation Wiesloch Gedanken über Kapitalanlagen machen. Ein Geschäft kommt normalerweise zustande, wenn es für beide Partner vorteilhaft ist. Mir wurde noch nicht klargelegt, wo der Vorteil für EnBW ist. Ist deren Vorteil auch unser Vorteil? Der Vorrang der "bedarfsgerechten Erhaltung und Zuverlassigkeit des Stromnetzes" vor den Renditeerwartungen der Gesellschafter könnte einen Hinweis geben. Das ist sicher im Interesse aller Stromkunden, deutet aber zumindest indirekt auf eventuelle Risiken hin.

 

 

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