Macht Religion Frieden?

Veröffentlicht am 01.11.2007 in Veranstaltungen
 
Dr. Markus Weingardt und Prof. Gert Weisskirchen
Dr. Markus Weingardt und Prof. Gert Weisskirchen

Unser Bundestagsabgeordneter Prof. Gert Weisskirchen hatte zu einer Veranstaltung in der Reihe „ZEITSPRUNG - Veränderungen in der globalisierten Welt gestalten“ eingeladen. Referent war Dr. Markus Weingardt von der Forschungsstätte der evangelischen Studiengemeinschaft FEST e.V., Co-Autor des Friedensgutachtens 2007. Trotz des Reformationstages und des Halloween hatten sich zahlreiche Interessierte eingefunden, um vom Referenten eine Antwort auf die Frage des Veranstaltungstitels zu hören und eigene Fragen zu stellen.

Gert Weisskirchen machte in seiner Einführung die Schwierigkeit, eine Antwort zu finden deutlich: Unter der Maskerade der Religion wurden und werden Konflikte geschürt, aus religiösen Motiven arbeiten aber auch Menschen bei der Bewältigung von Konflikten mit.

Dr. Weingardt leitete seinen Vortrag mit einem Hinweis auf die öffentliche Aufmerksamkeit ein: Seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist die Bundeswehr in 50 Ländern im Einsatz gewesen, zur Zeit ist sie in 10 Ländern aktiv. Darüber und über die Motivation dazu – die von Wiederaufbau über Ressourcensicherung bis zur „Landesverteidigung am Hindukusch“ reicht – wird berichtet, erfolgreiche Konfliktbewältigung und -prävention ohne Gewalt spielen eine ganz geringe Rolle. Das hat Dr. Weingardt bewogen, sich dieses Themas anzunehmen. Seine Erkenntnisse hat er in einem Buch „RELIGION MACHT FRIEDEN“, erschienen bei Kohlhammer, niedergelegt. Der Buchtitel ähnelt dem Motto der Veranstaltung, lässt aber weitere Interpretationen zu. Er kommt zu dem nicht überraschenden Schluss, dass stabilere Konfliktlösungen nicht durch Gewalteinsatz, sondern durch konstruktiven Dialog zustande kommen. In einer Reihe von Fallstudien untersuchte er die Frage, ob es signifikante Beiträge religiös orientierter Akteure bei erfolgreichen Konfliktbewältigungen gäbe. Die Antwort ist ein klares „Ja“

Als Beispiele seien hier genannt:

  • Mosambik, wo die katholische Laienorganisation Sant'Egidio vermitteln konnte, nachdem die UNO schon gescheiter war,
  • die Philippinen, wo „die Befreiungstheologen“ gewaltlos das Marcos-System zu Fall brachten,
  • der Sudan, in dem der ökumenische Rat zunächst erfolgreich vermittelt hatte und wo jetzt protestantische Kreise aktiv sind,
  • Kambodscha, wo durch die Diktatur Pol Pots 2 Millionen Menschen ermordet wurden und wo durch die Versöhnungsarbeit des buddhistischen Mönches Maha Ghosananda das Land in den Kreis der zivilisierten Nationen zurückgeführt und der Buddhismus wiederaufgebaut werden konnte,
  • Ruanda, wo innerhalb 100 Tagen eine Million Tutsi starben und nur ruandische Muslime unter Berufung auf den Koran sich der Gewalt verweigerten und die Tutsi unterstützten (die Christen im Lande spielten hier eine sehr negative Rolle) und nicht zuletzt
  • die untergehende DDR, in der die evangelische Kirche eine entscheidende Rolle spielte, zunächst durch Gespräche mit der Staatsmacht, später durch Schutz von Demonstranten in Kirchenräumen und schließlich durch Mitarbeit an „Runden Tischen“.
  • Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus standen viele Länder Afrikas, die sich eng an kommunistische Länder angelehnt hatten, orientierungslos allein und waren von Unruhen bedroht. Ihr gewaltloser Wandel wurde von den Kirchen stark unterstützt.

Dr. Weingardt sieht bei all diesen Aktionen kein gemeinsames Schema, sondern beobachtete eine große Bandbreite. Gemeinsamkeiten sind jedoch vorhanden. Er stellt fest, dass kein Konflikt immun gegen Deeskalationsversuche ist, es also keine von vorn herein hoffnungslosen Fälle gibt. Erfolgreiche Akteure haben 3 Merkmale gemeinsam: Sie besitzen Sach- und Fachkompetenz, sind glaubwürdig, aber nicht notwendig neutral und zeichnen sich durch ihre große Nähe zum Konflikt aus. Religiös orientierten Vermittlern wird meist das notwendige Vertrauen entgegengebracht, während säkularen oftmals mit Misstrauen begegnet wird.

Er fasst zusammen: Trotz gegenteiliger Beispiele kann Religion Frieden machen. Das vorhandene Potential dazu wird oft unterschätzt, sowohl von den Politikern als auch von den Religionsgemeinschaften selbst. Wissenschaftlich ist das Friedenspotential noch wenig erforscht, über Erfolge wird zu wenig gesprochen – wer weiß schon von den Aktionen der Muslime in Ruanda? Weingardt fordert die Politik auf, vom Friedenspotential der Religionen Gebrauch zu machen.

Interessierte Zuhörer

Man sollte denken, dass die Frage im Veranstaltungstitel eigentlich durch die „Programme“ der großen Religionsgemeinschaften längst positiv beantwortet worden wäre. Die lebendige Diskussion nach dem Vortrag, die von viel Sach- und Bibelkenntnis geprägt war, drehte sich aber hauptsächlich um die Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Der Referent ermutigte die Teilnehmer, auch im Kleinen bei Konfliktbewältigungen aktiv zu werden oder zu bleiben.

Dieter Lattermann, OV Walldorf

 

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