Gabriele Warminski Leitheußer, Anke Schuster, Doris Ahnen, Gerhard Kleinböck Vier Bildungsexperten der SPD versprachen, Antworten auf die Titelfrage der Veranstaltung zu geben: Wie geht gute Schule?
Im vollen Hilde-Domin-Saal der Stadtbücherei Heidelberg begrüßte die Landtagskandidatin Prof. Dr. Anke Schuster die Podiumsteilnehmer Doris Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur in Rheinland-Pfalz, Gabriele Warminski-Leitheußer, Bürgermeisterin für Bildung, Jugend, Gesundheit und Sport in Mannheim und den Landtagsabgeordneten Gerhard Kleinböck, Direktor einer kaufmännisch-berufsbildenden Schule.
Wie gute Schule nicht geht, konnte sie am Beispiel Baden-Württemberg zeigen: Das dreigliedrige Schulsystem mit seiner frühen Selektion erweise sich als extrem ungerecht und mache Bildung vom Geldbeutel der Eltern abhängig.
Für die erste Referentin Doris Ahnen war das ihr „Leib- und Magenthema“. Sie konnte auf viel Erfahrung im Nachbarland Rheinland-Pfalz hinweisen. Hier ist vieles bereits verwirklicht oder zumindest in Angriff genommen worden, was sich auch die SPD in Baden-Württemberg auf die Fahne geschrieben hat. Aus der Erkenntnis „was wir jetzt anlegen, wird unsere Gesellschaft in den nächsten 10 bis 15 Jahren prägen“ betreibt man dort eine Bildungspolitik, die den Zusammenhalt der Gesellschaft sichert. „Kein Kind darf verloren gehen“, lautet ihr Motto. Dabei spielen Ganztagsschulen eine entscheidende Rolle, und zwar solche, die nicht nur so heißen, sondern ein entsprechendes pädagogisches Konzept haben. Hier wird an mindestens vier Tagen in der Woche. über den Vormittag hinaus gelernt, das ist verpflichtend. Insbesondere Kinder, deren Eltern wenig zur Bildung beitragen können, profitieren. Das erfordert natürlich mehr Lehrer und – oft vergessen – Sozialarbeiter. In Rheinland-Pfalz haben bereits 40% der Schulen ein solches Angebot. Die Eltern entscheiden, wohin sie ihre Kinder schicken. Sie entscheiden ebenfalls über die Schullaufbahn, eine Schulempfehlung, wie sie in Baden-Württemberg noch üblich ist, gibt es nicht mehr.
Die flächendeckende Umstellung auf G8 ist noch nicht vollzogen, sie muss nach Meinung von Doris Ahnen mit der Ganztagsschule Hand in Hand gehen.
Bildung beginnt aber nicht erst mit 6 Jahren. Auch jüngere Kinder müssten pädagogisch betreut werden, so Doris Ahnen. Das Nachbarland versorgt bereits 30% der Unter-Dreijährigen und legt damit das Fundament für deren erfolgreiche Schulzeit. Natürlich sollte die frühkindliche Bildung nichts kosten – eine Investition, die sich jedoch lohnt. Die Kostenfreiheit wird schrittweise eingeführt.
Mit ihrem Referat war der Boden für Gabriele Warminski-Leitheußer bereitet. Die designierte Bildungsministerin für Baden-Württembergs „Schattenkabinett griff die Punkte ihrer Vorrednerin auf. Sie stellte fest, dass Baden-Württemberg bildungspolitisch noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen sei und großer Nachholbedarf bestehe. Den zu befriedigen fehle der jetzigen Landesregierung der politische Wille. Eine neue Landesregierung unter SPD-Führung werde ihn aber haben.
Gerhard Kleinböck stellte in seinem Vortrag weitere Defizite in der Schulpolitik im „Ländle“ fest. Berufsschullehrer hätten keine Lobby, und entsprechend sei die Situation der Berufsschulen. Bei 15 bis 18% Ausbildungsabbrechern sei für viele Altersarmut programmiert.
Eine angeregte Diskussion um Lehrerausbildung, den Beamtenstatus der Lehrer, ein einheitliches Dienstrecht im öffentlichen Dienst, ein verpflichtendes letztes Kindergartenjahr und viele weitere Themen zog sich noch bis in den späten Abend hin. Unter den Teilnehmern schien Wechselstimmung zu herrschen, nur ein jugendlicher Diskutant verteidigte vehement das dreigliedrige Schulsystem.
Dieter Lattermann